Dieser sehnsüchtige Wunsch erreichte das DRK Herzenswunsch-Hospizmobil im September. Die 48- Jährige Frau W. hat Krebs im Endstadium und die niederschmetternde Prognose, nur noch wenige Wochen unter uns sein zu dürfen. Da die Wohnsituation zu Hause nicht mehr tragbar war, zog Frau W. ins Hospiz nach Leonberg.
Doch dies war kein einfacher Schritt, Frau W. musste in Kauf nehmen ihre drei Kinder, die Jüngste gerademal 14 Jahre alt und ihre geliebten Hunde nicht mehr täglich um sich herum zu haben. Und Corona machte die Situation nicht einfacher, denn einmal kurz mit den Hunden vor die Türe, war durch die Corona-Schutzmaßnahmen nicht möglich. So freute es das Team des Hospizmobils diesen Herzenswunsch in Erfüllung gehen zu lassen. Um das Vorhaben möglichst bald in die Tat umzusetzen, wurde der erste Samstag im Oktober anvisiert. Doch das Wetter schien es nicht gut mit uns zu meinen. Für den Tag war Regen angesagt, nicht gerade optimal für einen ausgedehnten Spaziergang mit Familie und Hunden. Wir bereiteten dennoch alles für den Tag vor und hofften auf gutes Wetter. An dieser Stelle nochmals ein riesen Dankeschön an den Rettungsdienst, der uns spontan und unkompliziert den Ersatz- RTW zur Verfügung stellte, da das Hospizmobil an diesem Wochenende nicht einsatzbereit war.
Pünktlich erreichten wir das Hospiz in Leonberg. Leider regnete es immer noch in Strömen. Die Mitarbeiterin des Hospizes nahm uns freudig in Empfang, denn Frau W. konnte es kaum erwarten, dass es losging. Es war echt erstaunlich, wie positiv Frau W. eingestellt war. Sie war der festen Überzeugung, dass wir schönes Wetter haben werden. Und siehe das, je näher wir Richtung Böblingen kamen, desto mehr ließ der Regen nach. Kaum angekommen, blitzten schon die ersten Stellen blauer Himmel hervor. Auf dem Parkplatz wurden wir von der Familie samt Hunden freudig in Empfang genommen. Nachdem der Rollstuhl startklar gemacht wurde, konnte die Gruppe losziehen. Mittlerweile kitzelten die ersten Sonnenstrahlen im Gesicht. Da ist die Bestellung für schönes Wetter genau rechtzeitig eingelöst worden.
Nach einem ausgedehnten Spaziergang, bei dem die Hunde mit ihrem Frauchen und den Kindern nach Herzenslust toben konnten, kam eine erschöpfte aber glückliche Familie zurück. Es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, wie viel Kraft der Körper für einen letzten Wunsch noch mobilisieren kann. Als dann die Zeit für den Abschied gekommen war, wurde es sehr emotional. Ein Teil der Familie hatte Frau W. das letzte Mal gesehen, da aufgrund der Corona-Bestimmungen die Besucheranzahl im Hospiz begrenzt ist. So fuhren wir schweren Herzens zurück nach Leonberg.
Die Rückfahrt über konnte Frau W. den Nachmittag Revue passieren lassen und war so glücklich, dass wir ihr diesen Wunsch erfüllt haben. Ihre Augen strahlten nur so. Sie erzählte mir, dass Sie vor allem in den letzten Wochen das Leben aus einer ganz andern Perspektive betrachtet. Oft lernt man die Kleinigkeiten erst zu schätzen, wenn es für die großen Dinge zu spät ist.
Frau W. erzählte, dass sie so eine Freude an den bunten verfärbten Blättern hat oder einfach an Dingen, die sie zuvor nie so bewusst war genommen hat. Wenn man das Lebensende vor Augen sieht, verschiebt sich der Horizont. Daher finde ich eine solche ehrenamtliche Arbeit auch so wichtig, nicht nur, um den Patienten etwas Gutes zu tun, „den letzten Wunsch zu erfüllen“, sondern man kann für sich persönlich so vieles lernen. Wird die Zeit doch immer schnelllebiger und die Welt dreht sich gefühlt immer schneller. Doch genau dann ist der richtige Moment, um kurz stehen zu bleiben, die kleinen Dinge im Leben wahrzunehmen, für die man dankbar sein kann. Denn keiner von uns weiß, wie lange man sich noch glücklich schätzen darf, ein gesundes Leben führen zu dürfen.
So endete der Abend für uns auf der Rettungswache mit viel neuem Input für das eigene Leben und dem Wissen, heute etwas Gutes getan zu haben.