Die Schichtkollegen bei der Arbeit besuchen

Wir benötigen für die Fahrt zwei Begleitpersonen, die kräftig sind, da der Herr sehr groß und schwer ist…

– so lautete der Text der Email, die an 26 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Herzenswunsch Hospizmobil versandt worden war. Kräftig, ja das bin ich, dachte ich mir. Beruhigend war, dass die zweite Begleitperson ein Rettungssanitäter sein sollte. So bekundete ich kurzerhand mein Interesse an der Fahrt. Es sollte mein erster Einsatz als Ehrenamtlicher werden.

Nachdem Frau Doppke und Frau Batzlen die nötigen Absprachen mit dem Daimlerwerk in Sindelfingen und dem Hospiz in Leonberg getroffen hatten, beantragte ich kurzfristig einen Tag Urlaub und fuhr vorletzten Donnerstagmorgen zum DRK Kreisverband nach Böblingen. Dort wurde ich von Frau Batzlen erwartet und zusammen mit Timo Vohrer in den Einsatz eingewiesen. Uns wurde eine Mappe mit den Einsatzunterlagen (Telefonnummern, Adressen, u.a.) und sogar eine kleine Tasche mit Verpflegung für den anstehenden Einsatz übergeben. Anschließend wies mich Timo, ein sehr erfahrener Notfallsanitäter mit jahrelanger Berufserfahrung, in das Hospizmobil ein. Obwohl ich die Bedienung der Trage sicherlich zehn Mal übte, unterliefen mir immer wieder kleinere oder größere Fehler. Mein Respekt vor dem gut ausgestatteten Herzenswunschmobil wuchs und wuchs. Mir wurde klar: Hier hilft nur üben, üben, üben… Ich werde jedenfalls vor jeder weiteren Fahrt mehrfach die Bedienung der Trage üben, gäbe es doch nichts Schlimmeres, als ein Gast, der durch die Fehlbedienung plötzlich von der Trage rutscht. An dieser Stelle nochmals Danke an Timo, der mir mit ganz viel Geduld die Technik des alten RTW erklärt und meine vielen Fragen zu Schaltern und anderem beantwortet hat!

Anschließend machten wir uns auf den Weg zum Hospiz Leonberg. Je näher wir unserem Ziel kamen, desto stärker klopfte mein Herz. Was wird mich erwarten bei meinem ersten Einsatz mit dem Herzenswunschmobil? Es fühlte sich genauso an, wie mein erster „echter“ Einsatz als Polizeibeamter Ende der siebziger Jahre. Verrückt, aber so war es.

In Leonberg angekommen, wurden wir von der Leiterin des dortigen Hospizes in Empfang genommen. Sie führte uns in das liebevoll eingerichtete Zimmer von Herrn K., in dem er und seine Frau warteten. Wir betteten unseren Gast auf unsere Trage um und verbrachten diesen ins Hospizmobil, das wir direkt vor dem Eingang des Hospizes geparkt hatten. Anschließend fuhren wir zum Daimlerwerk nach Sindelfingen, wo wir an der Pforte schon erwartet wurden. Herr Schmidt lotste uns direkt in eine Werkhalle, der ehemaligen Arbeitsstätte unseres Gastes, die dieser so gerne nochmal besuchen wollte. Dort warteten schon viele Kolleginnen und Kollegen von Herrn K. Ich bin mir sicher, dass diese mindestens so gespannt und aufgeregt waren wie wir. Wir luden unseren Gast aus dem Hospizmobil aus und schoben diesen auf der Trage zunächst in einen kleinen Besprechungsraum. In diesem wurden er und seine Frau von Kollegen auf teilweise sehr berührende Art willkommen geheißen. Mir wurde schnell klar, dass Herr Kronenbitter bei seinen Kollegen sehr beliebt und geschätzt war. Davon zeugte auch die eine oder andere Träne, die vergossen oder auch verdrückt wurde. Die tiefe menschliche Verbundenheit des Teams beeindruckte und berührte mich sehr und wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.

Im Anschluss daran gingen wir, begleitet von den Kollegen, mit Herrn K. an seine alte Arbeitsstätte wo weitere Kollegen warteten. Viele davon arbeiteten vielen Jahre mit ihm zusammen. Auch hier – berührende menschliche Kontakte die nur schwer in Worte zu fassen sind. Ich hatte den Eindruck, dass unser Gast nochmal ganz bewusst, und wahrscheinlich zum letzten Mal, seine alte Arbeitsstätte in sich aufgenommen hat. An seinen Eindrücken teilhaben konnte ich nicht. Ich hatte aber den Eindruck, dass es sehr wichtig für ihn war, nochmal da gewesen zu sein.

Anschließend gingen wir zurück zum Hospizmobil, wo Abschied vom alten Arbeitsplatz und langjährigen Freunden und Arbeitskollegen genommen werden musste. Wie fühlte sich das für unseren Gast und seine Arbeitskollegen wohl an, sich wahrscheinlich zu letzten Mal gesehen zu haben, ging mir durch den Kopf. Auch hier tief berührende Momente, deren Intensität ich nur ganz schwer in Worte fassen kann.

Im Anschluss daran fuhren wir zurück ins Hospiz Leonberg. Auf der Rückfahrt schlief Herr Kronenbitter, liebevoll umsorgt von seiner Ehefrau, im Hospizmobil einige Zeit. Ich glaube, dass er dabei die vielen Eindrücke des Besuches noch einmal Revue hat passieren lassen.

Ich bin jedenfalls sehr dankbar dafür, dass ich mit dazu beitragen durfte, einem Menschen am Ende seines Lebens einen der letzten Wünsche zu erfüllen. Etwas Sinnvolleres (im wahrsten Sinne des Wortes) kann ich mir kaum vorstellen!

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