Jahreshauptversammlung 2022 ein voller Erfolg
Präsident Michael Steindorfner: DRK-Kreisverband soll zukunftsfest gemacht werden und Hoffnungsträger sowie Mutmacher bleiben - Gewaltige Herausforderungen
"Seit Februar dieses Jahres herrscht Krieg in Europa. In einem beispiellosen Gewaltakt versucht Russland, das Nachbarland Ukraine in die Knie zu zwingen und wie es derzeit aussieht, mit massenhaften Bombardements, Terror, Folter und Vergewaltigung zu zerstören und auszulöschen. Die Regeln des humanitären Völkerrechts, für das der Gründer unserer Rotkreuzbewegung Henry Dunant vor über 150 Jahren den Grundstein gelegt hat, lassen den Aggressor Putin kalt. Kalkuliert richten sich die Angriffe Russlands verbotswidrig gegen Zivilisten, zielen auf die zivile Infrastruktur der Ukraine und nehmen den zivilen Menschen Freiheit und körperliche Unversehrtheit, zwingen sie zur Flucht. Es ist nicht abzusehen, wann dieser Krieg sein Ende finden wird. Es ist noch nicht einmal ausgeschlossen, dass dieser Krieg eine Ausweitung auf weitere Gebiete Europas finden wird. Wer hätte gedacht, dass das Rote Kreuz auch in Europa möglicherweise dort wieder gefordert sein wird, wo es einmal seinen Ursprung gefunden hat: auf dem Schlachtfeld kriegerischer Auseinandersetzungen." Dies erklärte Michael Steindorfner, der Präsident des DRK-Kreisverbandes Böblingen, in seiner Eröffnungsrede bei der Kreisversammlung seines Verbandes in der Höfinger "Strohgäuhalle". Dabei wurde Bilanz über das Jahr 2021 gezogen.
Auch die weiteren Folgen dieses Krieges, der Energiemangel, die Lieferschwierigkeiten, der enorme Preisanstieg bei Energie und Lebensmitteln forderten das Roten Kreuz zusätzlich in hohem Maße heraus. Und die Krisensituationen des zurückliegenden Berichtsjahres beherrschten mittlerweile recht einschneidend unser persönliches Leben und prägten in den letzten ein, zwei Jahren die Arbeit im Roten Kreuz, weltweit, aber auch im Kreisverband Böblingen.
Die hohen Kostensteigerungen durch die Energiepreise, der enorme Anstieg der Sachkosten durch die Inflation und ein zunehmender chronischer Personalmangel, die immer größer werdenden Anforderungen an die durch die Pandemie ohnehin erschöpften und mit dem Rücken an der Wand stehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Altenpflege, aber auch im Rettungsdienst, das alles gehe auch am DRK-Kreisverband Böblingen und seinen Tochtergesellschaften nicht spurlos vorbei.
Präsident Steindorfner wies dabei auf das Dilemma seines Verbandes hin: "Auch und gerade in den Pflegeheimen können und wollen wir die enormen Kostensteigerungen nicht alle auf die Bewohner abwälzen. So gibt es nach den Worten von Landesverbands-Präsidentin Bosch nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir nehmen die Defizite in Kauf und müssen infolgedessen irgendwann die Einrichtungen schließen, oder wir reichen die hohen Kosten an die Bewohnerinnen und Bewohner in den Heimen weiter. Wir wollen beides nicht. Mit diesem Problem zurecht zu kommen, wird daher eine unserer ganz großen Herausforderungen in diesem und den kommenden Jahren werden. Ohne staatliche Unterstützung und Hilfeleistung, das muss ich hier in aller Deutlichkeit auch an die anwesenden Abgeordneten sagen, wird uns das alles aber nur schwerlich gelingen und droht die Altenpflege mit unübersehbaren Folgen zu kollabieren."
Steindorfner unterstrich vor diesem Hintergrund, daß gerade das Rote Kreuz in der derzeitigen Situation in besonderem Maße dazu aufgerufen sei, diese schwierigen Aufgaben anzugehen und zu meistern, die zunehmende Not zu lindern, Menschen in ihrer zum Teil verzweifelten Situation beiseite zu stehen, darüber hinaus Verletzten zu helfen, "wo immer wir das können", den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu fördern und füreinander da zu sein, "wann und wo immer wir gebraucht werden
42 000 Euro für Flutopfer gespendet
Im Rückblick auf 2021 rief Präsident Steindorfner eine Passage seiner Rede bei der letztjährigen Kreisversammlung, die in Jettingen ebenfalls als Präsenzveranstaltung stattfand, in Erinnerung: "Ja, wir können Krise, wir können Hilfe. Das zeigte sich bei der Pandemie, das zeigte sich auch im Ahrtal. Das zeigt sich jeden Tag im Rettungsdienst, den sozialen Diensten, in den Altenpflegeheimen, wo auch immer. Wir können Krise, wir können Hilfe: wir verdanken dies einer großen Zahl von hochmotivierten, überaus kompetenten und enorm einsatzbereiten ehren- und hauptamtlichen Helferinnen und Helfern. Und auf diese, das kann ich nicht oft genug sagen und betonen, sind wir, das Präsidium unseres DRK-Kreisverbands und der BGB-Vorstand, die Geschäftsführung und ich persönlich ganz besonders stolz."
Michael Steindorfner sagte an dieser Stelle ein Dankeschön an alle Bürgerinnen und Bürger, die bei der Spendenaktion des DRK-Kreisverbandes Böblingen für das Ahrtal sage und schreibe rund 42 000 Euro gespendet haben. "Dieses stolze Ergebnis der Spendenaktion, zu dem zwei Spender mit einer Großspende beigetragen haben, beweist, welch spontane solidarische und zutiefst menschliche Motivation in unserer Bevölkerung vorhanden sind. Dies verdient höchste Anerkennung und ist für mich einmal mehr ein Beweis dafür, dass wir in dieser Gesellschaft noch zusammenstehen können, wenn es gilt, Not und Elend zu lindern. Wir bürgen mit unserem Namen dafür, dass uns zugeleitete Spenden auch dort und in voller Höhe zum Einsatz kommen, wo die Not am größten ist. Deshalb wurde das Spendengeld in voller Höhe an den DRK-Kreisverband Ahrweiler übergeben und von diesem im dortigen DRK-Servicecenter Ahr für gezielte Gemeinschaftsangebote für Flutopfer verwendet."
Im Blick auf die Zukunft erklärte der Präsident, daß der Kreisverband zwingend darauf angewiesen sei, neue Geschäftsfelder zu kreieren und so einen Ausgleich für wegbrechende Finanzmittel zu finden. Beispielhaft nannte er das neue Geschäftsfeld „Familienbildung“, für das das Präsidium in seiner letzten Sitzung den Startschuss gegeben habe. Ein zweiter Schwerpunkt, den das Präsidium auf seiner Klausurtagung als besonders dringlichen Punkt eingestuft habe, sei die Personalsituation, die das Rote Kreuz gleichermaßen im Ehren- wie im Hauptamt vor große Herausforderungen stelle. Auch das Rote Kreuz komme nicht an der Erkenntnis vorbei, dass der Fachkräftemangel im Rettungsdienst und in der Altenpflege eine besorgniserregende Entwicklung nehmen würde und man hier dringend auf Abhilfemaßnahmen angewiesen sei.
Wolfgang Hesl soll Verband zukunftsfähig machen
Gerade diese beiden Schwerpunkte Finanzen und Personal zeige deutlich auf, dass der Kreisverband vor dem zusätzlichen Hintergrund der aktuellen Krisen seine Aktivitäten und Strukturen diesen neuen Gegebenheiten anpassen müsse. "Es gilt nach langen Jahren weitgehend unveränderter Organisationsstrukturen und Arbeitsabläufe unseren Verband zukunftsfähig aufzustellen, bisherige Entscheidungs- und Personalstrukturen zu hinterfragen und wo nötig weiterzuentwickeln."
Mit Wolfgang Hesl habe der Kreisverband vor einem Jahr einen neuen Kreisgeschäftsführer gewinnen können, der mit seiner vielfältigen Erfahrung im Roten Kreuz und seinem enormen Engagement in geradezu idealer Weise geeignet sei, diesen Prozess der Veränderung anzugehen und umzusetzen. "Ich bin Wolfgang Hesl außerordentlich dankbar für seinen enormen Einsatz, zusammen mit allen Führungskräften diesen Veränderungsprozess eingeleitet zu haben und ihn zu einem guten Erfolg zu führen. Mein Dank gilt daher auch allen Heimleitern unserer Altenpflegeheime, den Führungskräften in allen unseren Tochtergesellschaften und im Kreisverband, dass sie diesen Weg mitgehen und so für eine weiterhin gute Zukunft im Roten Kreuz im Kreis Böblingen sorgen", unterstrich Präsident Michael Steindorfner.
Lob für Hans Dieter Scheerer
"Ganz und gar nicht nachvollziehen" kann der Präsident des DRK-Kreisverbandes Böblingen, daß der Rettungshubschrauber Christoph 41 vom Standort Leonberg nach Wannweil verlegt werden soll. Noch dazu, wenn der Rettungsleitplan demnächst eine Hilfsfrist für den bodengebundenen Rettungsdienst von zwölf Minuten statt bislang 15 Minuten vorsehe. Steindorfner lobte in diesem diesem Zusammenhang mit Nachdruck den Landtagsabgeordenten Scheerer, "der sich als einziger Landtagsabgeordneter vehement für den Verbleib von Christoph 41 an seinem jetzigen Standort einsetzt".
Abschliessend sagte Steindorfner, das Rote Kreuz im Kreis Böblingen werde alles in seiner Macht und seiner Kraft Stehende tun, Menschen auch unter widrigsten Umständen zu helfen und ihnen zur Seite stehen.
"Das Rote Kreuz war immer auch Hoffnungsträger und Mutmacher in zurück liegenden schweren Zeiten. Lassen Sie uns dies gemeinsam auch in Zukunft sein"
Jörg Männer verweist auf Stärke und Vielseitigkeit
Kreisbereitschaftsleiter Jörg Männer fasste im Tätigkeitsbericht der Gemeinschaften - Jugendrotkreuz, Sozialarbeit und Bereitschaften - die Arbeit im vergangenen Jahr wie folgt zusammen: "Grundsätzlich konnte das Rote Kreuz im Landkreis Böblingen 2021 seine Stärke und Vielseitigkeit unter Beweis stellen. Wir waren und sind in vielen Bereichen schnell mit Manpower zur Stelle und konnten hier qualifizierte Hilfe und Unterstützung leisten. Wir sind uns sicher, daß ohne den Beitrag des Roten Kreuzes die Bewältigung der Pandemie deutlich schlechter gelaufen wäre. Hier hat sich die jahrelange Aus- und Fortbildung in den Gemeinschaften ausgezahlt."
In allen drei DRK-Gemeinschaften, die sich jeweils durch eine breite Angebotspalette auszeichneten, standen nach den Worten von Jörg Männer im Blick auf die Pandemie Kreativität und Ideenreichtum erfolgreich im Mittelpunkt, um die gewohnte Verbandsarbeit aufrecht zu erhalten. "Wir haben überall die Ärmel hochgekrempelt und neue Wege gefunden." Das Jugendrotkreutz und der Schulsanitätsdienst zusammen zählten zusammen rund 1230 Mitglieder - Tendenz leicht steigend. Gearbeitet wurde in 28 klassischen Jugendrotkreuz-Gruppen und an 50 Schulen im Landkreis seien rund 700 Schülerinnen und Schüler im Schulsanitätsdienst engagiert. Männer: "Schulsanitätsdienst und Juniorhelfer konnten weiter ausgebaut werden."
Vorbildliche Wohnfahrts- und Sozialarbeit
Trotz Corona-bedingter Einschränkungen engagierte sich eine große Zahl von Ehrenamtlichen in der Wohlfahrts- und Sozialarbeit. Sei es in der Impfhilfe (von der Anmeldung bis zu Fahrten in die Impfzentren), der Hilfe in den Teststationen sowie in den Impfzentren auf allen Ebenen sei Vorbildliches geleistet worden. Auch neue Angebotsformen etwa im Online-Bereich wurden laut Jörg Männer gut angenommen. Selbst mit dem Herzenswunsch-Hospizmobil sind verschiedene Fahrten ermöglicht worden. Männer warb in diesem Zusammenhang für ein verstärktes ehrenamtliches Engagement und appellierte an die Bürgerinnen und Bürger, sich beim Roten Kreuz einzubringen. "Wir brauchen Sie dringend und werden unser Ehrenamt zeitgemäss gestalten."
Bereitschaften stark gefordert
Auch die Bereitschaften waren vor allem in den Test- und Impfzentren stark gefordert. "Ohne die vielen Ehrenamtlichen des Roten Kreuzes hätte unsere Gesellschaft diese Herausforderungen in den beiden zurück liegenden Jahren überhaupt nicht meistern können", betonte Männer. Hinzu sei die verheerende Flutkastastropge mit ihrer unverstellbaren Zerstörungskraft in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gekommen. Vor allem im Ahrteil seien die DRK-Helferinnen und -Helfer aus dem Landkreis Böblingen im Einsatz gewesen.
Zugenommen hätten die Einsatzzahlen der Helfer-vor-Ort-Gruppen und positiv sei die Online-Anmeldung bei den Blutspendeterminen bewertet worden. Kreisbereitschaftsleiter Jörg Männer kann sich vorstellen, diese Form der Anmeldungen auch künftig beizubehalten.
Nico Lauxmann: Geordnete Finanzen
Schatzmeister Nico Lauxmann legte einen detaillierten Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2021 vor. Er war ebenfalls gekennzeichnet von den schwierigen Herausforderungen der Corona-Pandemie. Dennoch habe man den Menschen einen sicheren Halt geben können und die Herausforderungen hoch motiviert gemeinsam meistern können.
Lauxmann verwies darauf, daß die Prüfungsgesellschaft den Jahresabschluss mit einem "uneingeschränkten Bestätigungsvermerk" versehen habe. "Und dies bestätigt uns, daß der DRK-Kreisverband Böblingen in seiner Vermögens-, Finanz- und Ertragslage geordnet ist." Das spiegele sich auch in der Bilanz wieder, unterstrich der Schatzmeister bei der Vorstellung des dazugehörigen Zahlenwerks, das unter anderem eine Eigenkapitalquote von 51,2 Prozent aufweist. Fazit von Nico Lauxmann: "Wir haben im Geschäftsjahr 2021 trotz aller pandemiebedingten Herausforderungen ein ordentliches Ergebnis erzielt. Dies wird vor allem in den Folgejahren benötigt, um uns weiterhin einen finanziellen Spielraum zu erhalten, um kommende Herausforderungen zu meistern." Preissteigerungen bei Lebenskosten, die Inflationsentwicklung, steigende Energiekosten, Preissteigerungen im Bauwesen sowie der Fachkräftemangel würden sich auch innerhalb der geordneten Finanzen im Kreisverband und deren Tochtergesellschaften auswirken. Beispielsweise rechne man allein bei den Energiekosten mit einer Steigerungsrate von rund 850 000 Euro im nächsten Jahr.
Kassenprüfer Wolfgang Heim bestätigte in seinem Bericht die solide Finanz- und Haushaltslage und empfahl, die Feststellung des Jahresergebnisses sowie die Entlastung von Schatzmeister und Präsidium. Die Kreisversammlung erteilte beides einstimmig.
Dominik Urbanek im Präsidium
Einstimmig nachgewählt wurde Dominik Urbanek (Kreisjugendleitung) in das Präsidium des DRK-Kreisverbandes.
Grußworte sprachen Staatssekretärin Sabine Kurtz, die eine baldige Einführung der Ehrenamtskarte ankündigte, der Erste Landesbeamte Martin Wuttke, der das Rote Kreuz im Landkreis Böblingen als verlässlichen Partner bezeichnete sowie Josefa Schmid, Erste Bürgermeisterin der Grossen Kreisstadt Leonberg, als "Hausherrin" der Strohgäuha
lle in Höfingen.
600 DRK-Angehörige vom Bundesverband ausgezeichnet
Rund 600 DRK-Angehörige aus dem DRK-Kreisverband Böblingen, die ehrenamtlich in der Covid-19-Pandemie entweder in den Impf- und Teststationen sowie in der Impfhilfe tätig waren, wurden im Rahmen der Kreisversammlung mit Ehrennadeln des DRK-Bundesverbandes ausgezeichnet. Bei der von Vizepräsident Dr. Bernd Vöhringer - assistiert von Kreissozialleiterin Gabriele Vorreiter und Kreisbereitschaftsleiter Jörg Männer - vorgenommenen Ehrung, nahmen Vertreterinnen und Vertreter der jeweiligen DRK-Ortsverine aus dem Landkreis Böblingen die Auszeichnung stellvertretend für die Mitglieder in Empfang.